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Als wir Max Thesseling heute in der renommierten Galerie Marta Herford treffen, wirkt er entspannt, obwohl gleich die Ausstellung der Bilder seines Dokumentarkurses der FH Bielefeld eröffnet und morgen eine Prüfung ansteht. Wir setzen uns für das Interview in ein Café und reden über seine Dokumentarreise nach Moldawien, die Fotografie als Lebensstil und über sein Crowdfunding, das er für die Finanzierung des Druckes seiner Bilder und des dazugehörigen Buches ins Leben gerufen hat.
Zur Fotografie ist der 27-Jährige Student gekommen, als ihm sein Opa eine alte Olympus-Fotokamera vererbte. Er fing an zu knipsen und aus dem Hobby eines 13-Jährigen Jungen entwickelte sich eine echte Berufung. “Ich fotografiere, weil ich Erfahrungen machen und Orte sehen möchte”, sagt Max. “Beim Fotografieren denke ich nicht daran, was anderen Leuten gefallen könnte, weshalb auch diese Serie sehr persönlich für mich ist.”
Reise in ein zerrissenes Land
Für das Dokumentarprojekt ist Max gemeinsam mit seinen Fachkurs nach Moldawien, in das ärmste Land Europas gereist. Eine Vielzahl der Kinder wächst hier ohne Eltern auf, da diese im Ausland Geld für ihre Familien verdienen.
In der Hauptstadt Kischinau angekommen, steigt Max in einen Taxibus und fährt los – ohne ein konkretes Ziel. Sein einziger Anhaltspunkt ist ein Kloster. Den Zettel mit dem russischen Satz, dass er einen Schlafplatz sucht, hat er in Kischinau liegen lassen. Man versteht ihn im Kloster trotzdem und er kann eine Nacht in den kalten Gemäuern verbringen.
In den Morgenstunden bricht er auf, um eine Internetverbindung zu suchen und seinen Kommilitonen mitzuteilen, dass er sicher im Norden angekommen ist. Auf seinem Weg entlang des Flusses Dnister, der Moldawien von dem nach offizieller Unabhängigkeit strebenden Transnistrien trennt, stößt er auf einen Mann mit seinem Pferd. Max macht Fotos und sie kommen ins Gespräch, ohne die Sprache des anderen zu verstehen. Der Mann sagt irgendwann ‘Schnaps’, Max willigt ein und begleitet ihn in sein Dorf Sănătăuca zu seiner fünfköpfigen Familie. Sie trinken einen Schnaps, verständigen sich mit Google Translate und Max entschließt sich, seine Fotodokumentation der Familie mit seinen drei Pflegekindern und dem Dorf Sănătăuca zu widmen.
Sănătăuca, ein Dorf im eigenen Rhythmus
Eine Woche lang begleitet er die Familie in ihrem Alltag, lernt Nachbarn und Großeltern kennen, spielt mit den beiden kleinsten Kindern, die beide geistig behindert sind, begleitet die Mutter in die orthodoxen Kirche, erhält einen Einblick in eine Beerdigung und hält das Dorfleben, das wie aus einer anderen Zeit zu sein scheint, in seinen Bildern fest. Er lernt Menschen kennen, deren Körper und Blicke von harter körperlicher Arbeit gezeichnet sind, sieht eine Gemeinschaft, die sich nahezu vollkommen selbst versorgt und findet es angenehm, eine Woche lang keinen Smalltalk führen zu müssen und sich trotzdem zu verstehen.
Crowdfunding: “Manchmal muss man einfach etwas riskieren”
Das Crowdfunding hat Max gestartet, um den Druck der Bilder und des Buches zu finanzieren und weil er es merkwürdig findet, Menschen direkt um Geld zu fragen. Mit der Sammelaktion hatte er die Möglichkeit, sein Projekt vorzustellen und jedem selbst zu überlassen, ob und wie viel man dazugeben möchte. Den Link hat er per WhatsApp, E-Mail und Facebook mit seinen Freunden und der Familie geteilt.
“Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich innerhalb von einem Tag die 300€ zusammen habe. Es haben sich Menschen beteiligt, von denen ich es nicht erwartet hätte”, sagt Max über das Crowdfunding.
Und warum Leetchi? “Weil es einfach für mich und die Teilnehmer war und weil die Plattform genau das richtige für ein kleines privates Crowdfunding ist”, erklärt Max. Was er anderen Menschen raten würde, sie ein crowdfunding starten wollen? “Einfach machen”, empfiehlt er. ”Bei mir war es nur ein Tag. Man hat nichts zu verlieren.”
Auf die Frage, warum er glaubt, dass ihn seine Freunde und Bekannte unterstützt haben, lacht er: “Weil ich Ihnen ein handsigniertes Bild versprochen habe.” Dann fügt er hinzu: “Sie wissen, dass ich für die Fotografie brenne, dass ich es machen will und kann. Das ist mein Ding! Sie fanden es auch mutig, dass ich mich allein und ohne Sprach- und Landeskenntnisse aufgemacht habe. Manchmal muss man einfach etwas riskieren!”
Erstellt Euer Crowdfunding hier.
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