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Als gebürtige Österreicherin hat es mich nach einem beruflichen Zwischenstopp in der deutschen Hauptstadt Berlin nun endgültig nach Paris zu Leetchi.com verschlagen. Dass Franzosen und Deutsche trotz der geographischen Nähe unterschiedlicher nicht sein könnten, ist wohl bekannt. Ein Zitat, das die Unterschiede wohl am Besten zum Ausdruck bringt, lautet: “Franzosen fahren mit dem billigen Auto in das teure Restaurant, während Deutsche mit dem teuren Auto in das billige Restaurant fahren”. Doch auch im Berufsleben gibt es auf beiden Seiten des Rheins große kulturelle Unterschiede. Im Rahmen der Blogparade zum Thema Frankreich, die von Mehrsprachig Handeln ins Leben gerufen wurde, möchte ich meine Erfahrungen aus den unterschiedlichen Arbeitsalltägen mit euch teilen:
1. Die Begrüßung
In Deutschland ist es allgemein üblich, sich im professionellen Umfeld per Händeschütteln zu begrüßen und auch wieder zu verabschieden. Nicht so in Frankreich: Hier wird das sog. “Bisou” nicht nur im Kreise von Freunden oder Familie, sondern auch unter Arbeitskollegen oder Geschäftspartnern praktiziert. In der Regel gibt man dabei einen Wangenkuss auf jede Seite – je nach Region können es aber bis zu vier Küsschen sein. Wer einen neuen Job antritt und seine neuen Kollegen begrüßt, kann sich also auf einen wahren Küsschenmarathon einstellen. Doch auch externe Geschäftspartner werden in Frankreich häufig mit einem Küsschen begrüßt oder verabschiedet. Wer Angst vor zu viel Körperkontakt hat, ist hier also an der falschen Stelle.
2. Das Mittagessen
Welchen Stellenwert gutes Essen in Frankreich einnimmt, wurde im eingangs erwähnten Zitat ja schon relativ deutlich. Dies macht sich natürlich auch im Berufsalltag bemerkbar: Während in Deutschland gerne von zu Hause mitgebrachtes einsam vor dem Computer gegessen wird, ist Essen in Frankreich ein wahres Ritual: Gemeinsam zu Mittag zu essen ist eine wichtige Komponente des Teambuildings, sodass man sich dafür täglich mindestens eine Stunde Zeit nehmen sollte. Gegessen wird entweder in der Kantine, in einem extra dafür bereitgestellten Bereich des Büros oder gerne auch im Restaurant.
3. Die Direktheit
Während man in Deutschland gerne direkt auf den Punkt kommt und auch Kritik relativ unverblümt aüßert, ist dies in Frankreich undenkbar. Hier wird gerne um den heißen Brei geredet und gerade bei Kritik sehr viel Wert auf betont freundliche Floskeln gelegt, die aber eigentlich nicht viel meinen. Wer dies nicht gewohnt ist, muss damit rechnen, von den Franzosen erstmal als schroff wahrgenommen zu werden. Ähnlich verhält es sich übrigens im Meeting: Während Meetings in Deutschland häufig einer fixen Agenda folgen, ist dies in Frankreich nicht unbedingt der Fall. Auch hier wird oftmals lieber viel Allgemeines besprochen, anstatt eine handfeste Entscheidung zu treffen.
4. Die Uhrzeit
Franzosen nehmen es mit der Pünktlichkeit nicht ganz so genau wie ihre deutschen Kollegen. Wenn ein Meeting in Frankreich zum Beispiel für 14 Uhr angesetzt ist, so gibt es verschiedene Möglichkeiten, wann genau dieses Meeting tatsächlich beginnt: 14:10, 14:30, 15:00, 14:00 am Folgetag, nie… Nur im äußersten Ausnahmefall beginnt das Meeting tatsächlich pünklich zum vereinbarten Zeitpunkt. Den pünktlichkeitsliebenden Deutschen kann dies durchaus zur Frustration treiben. Dies gilt übrigens auch für das Einhalten von Deadlines.
5. Die Hierarchien
Mit der Ausnahme von Startups werden Hierarchien im französischen Berufsleben großgeschrieben und den französischen Chefs großer Unternehmen wird nachgesagt, gegenüber ihren Mitarbeitern weniger kooperationsbereit zu sein als ihre deutschen Kollegen. Bei den ganzen Bisous und dem gemeinsamen Mittagessen ist es nicht immer einfach, hier die richtige Balance zu finden. Dieses Hierarchiedenken lernen Franzosen jedoch bereits während ihrer Schul- und Studienzeit. Denn auch die Lehrer und Professoren genießen hier eine Machtstellung, die im deutschen Sprachraum nicht denkbar wäre und sind es gewohnt, von ihren Schülern kaum kritisiert oder hinterfragt zu werden.
Fazit: Andere Länder, andere Sitten
Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen: etwa über die Streikfreudigkeit der Franzosen oder deren Eigenart, kaum mit Bargeld, dafür aber noch immer mit Schecks zu bezahlen. Wer sich jedoch einmal an die Unterschiede gewöhnt hat, möchte die französische Küche, das berühmte Savoir Vivre und die Feierlaune der Franzose nicht mehr missen. Und wenn wir alle gleich wären, wäre die Welt doch schließlich auch ganz schön langweilig.
Zum Abschluss noch ein Song, der die unterschiedlichen Auffassungen von Flirten von Franzosen und Deutschen sehr gut zusammenfasst:
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[…] sind die Beobachtungen von Julia zu den Besonderheiten des Arbeitsalltags in Frankreich. Blogparade: Arbeiten in Frankreich lautet der Titel ihres Beitrags, in dem sie fünf besonders auffällige Unterschiede zum Arbeiten […]
[…] sind die Beobachtungen von Julia zu den Besonderheiten des Arbeitsalltags in Frankreich. Blogparade: Arbeiten in Frankreich lautet der Titel…
...[…] Julia | leetchi.com Blogparade: Arbeiten in Frankreich Bisous vs. Hierarchie: Fünf Besonderheiten des Arbeitsalltags in […]
[…] Julia | leetchi.com Blogparade: Arbeiten in Frankreich Bisous vs. Hierarchie: Fünf Besonderheiten des Arbeitsalltags in […]
...Liebe Katja, immer wieder gerne :)
Liebe Katja, immer wieder gerne :)
...Vielen Dank für diesen schönen Beitrag zur Blogparade!
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...[…] Export – zu Frankreich gibt es viel zu erleben und zu erfahren. Julia | leetchi.com Blogparade: Arbeiten in Frankreich Bisous vs. Hierarchie: Fünf Besonderheiten des Arbeitsalltags in […]
[…] Export – zu Frankreich gibt es viel zu erleben und zu erfahren. Julia | leetchi.com Blogparade: Arbeiten in…
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